und nun?…
Ja, jetzt gehts weiter. Morgens um 6:30Uhr war abfahrt für die Gruppe. Ein kurzes Tschüß, machs gut und ein paar Umarmungen und ich war wieder alleine. Das war er also, der Weltjugendtag. Den Abschlussgottesdienst schaute ich mir im Fernsehen an, während ich über die vergangenen Tage nachdachte. Jetzt geht es richtig los, von jetzt an gibt es eigentlich nur noch kleine selbst gesteckte Ziele.
Zuerst ging es am Nachmittag mit dem Zug nach Warschau, wo ich Armando, einen Freund, den ich vor zwei Jahren bei der Masuren-Russland Radtour kennen lernte, besuche. Armando heiratete eine Polin und nachdem beide einige Jahre in Mexiko lebten und sich Nachwuchs anbahnte, wanderten sie nach Polen aus. Dort machte er sich im Juli mit einem eigenen Restaurant selbstständig.
Dies war Anlass für mich endlich wieder richtige Tacos zu essen. Seid ich letzten Herbst in Mexiko war, suche ich an jeder Ecke authentisches Mexikanisches Essen, welches leider schwer zu bekommen ist, meistens ist es immer TexMex food, welches gar nichts mit richtiger Mexikanischer Küche zu tun hat. In seinem sehr kleinen Laden, den er mit einem Freund betreibt, gibt es viel zu probieren, daher aß ich mich durch von Chilaquiles bis Taco al Pastor durch die Speisekarte. Auch hier ist mein Tipp, für alle Warschaureisenden, sucht den kleinen Laden auf und lasst euch begeistern von Mexikanischer Küche. (Seit bei der scharfen Sauce vorsichtig, die hat ordentlich Feuer 😉 )
Nach zwei Tagen Warschau ging es wieder zurück nach Krakau, wo ich mein Rad wieder bepackte (danke an Pawel für das sichere Unterstellen des Rades und Gepäcks) und zurück nach Oswieciem fuhr, wieder per Zug. Wo ich abends wieder mein Zelt auf der Wiese vor dem Maximilian Kolbe Zentrum aufstellen durfte. Am nächsten Tag stand der Besuch des Lagers Auschwitz auf dem Programm.
In dieser Sache möchte ich nicht viele Worte verlieren, jeder sollte es sich mal anschauen, es gibt das KZ Auschwitz I, welches direkt in der Stadt Oswieciem liegt und das KZ Auschwitz II Birkenau, welches den meisten besser bekannt ist und das Vernichtungslager ist. Dieses Gelände ist zum größten Teil zerstört und man läuft durch Ruinen. Die „Rampe“, wo die neuen Häftlinge ankamen und aussortiert wurden ist vorhanden, ebenso die Gleise und das Haupttor, das Wissen, was dort passiert ist, und über die Überreste zu laufen, haben mir ausgereicht um nachdenklich das Gelände wieder verlassen zu können.
Der Besuch ist kostenfrei.
Auschwitz I, ist ein Museum und wird als Touristische Attraktion ausgeschlachtet, so jedenfalls war mein Eindruck, alles kostet Geld und in den Gemäuern des Lagers befinden sich Restaurants für die hungrigen Besucher. Ich bin nicht in das Museum gegangen und habe mir stattdessen die Stadt weiter angeschaut.
Am nächsten Tag, es war schon Freitag ging es endlich wieder aufs Fahrrad. Wien war das nächste Ziel.
Der erste Tag war geprägt von Hügeln, die mich weiterhin verfolgen, meine Muskelkraft hat aber erfreulicherweise zugenommen und es macht mir nicht mehr so große Probleme wie am Anfang der Tour. Am Abend erreichte ich Ostrava in Tschechien, mein drittes Land auf der Tour. Tschechien ist ein Radfahrerland, anders als in Polen gibt es unzählige gut Ausgeschilderte Radwege und endlich sehe ich wieder viele Radfahrer unterwegs. In Tschechien habe ich zum ersten Mal Wild gecampt, eine kleine Wiese nahe eines Waldstückes war der Ideale punkt zum Übernachten. Leider war die Nacht unruhig, immer wieder wachte ich auf um Geräusche identifizieren. War dort ein Mensch? oder nur ein Tier? Trotzdem packte ich am nächsten Morgen glücklich mein Zelt ein.
Mein Problem, wie sich schnell herausstellte ist, ich finde keinen passenden Tagesrhythmus, ich stehe morgens auf, fahre ein paar Stunden, sitze ein bisschen oder mache mir was zum essen und fahre den restlichen Tag. Das Radfahren geht von alleine. Dadurch, dass Zelten mich Tagsüber zwingt eine längere Pause zu machen, um das Zelt trocknen zu lassen, kann ich mittlerweile Mittagspause machen.
Nach Tschechien fuhr ich 50km durch die Slovakei bis zur Österreischichen Grenze und nach drei Tagen erreichte ich Wien.
Mein Fahrrad fing wieder an Probleme zu machen, die letzten 50km fing es an zu quietschen, wie ein altes Hollandrad. Im Radladen stellte sich dann heraus, die vorderen Bremsbacken sind abgefahren. Nach nichtmal 2000km schon schnell. Gut, ich habe viele Höhenmeter hinter mir, aber trotzdem, find ich das heftig, das würde bedeuten, ich müsste mir für die weitere Fahrt einige Ersatzbacken mitnehmen, welches bei 30€ pro Satz nicht grade günstig ist. Momentan bin ich am abklären, wie ich weiter vorgehen kann. Die Backen sind erstmal gewechselt, jetzt warte ich mal die Berge ab.
Auf dem Weg nach Klagenfurt traf ich am ersten Tag Alex, ein Radler aus Newcastle, der auf dem Weg nach Griechenland ist um von dort weiter nach Indien zu fliegen und als Backpacker den restlichen Weg nach Australien zu bestreiten. Er bevorzugt allerdings die Ebene und fährt ausschließlich Flussradwege. Meinen Vorschlag, mich über die Alpen zu begleiten, konnte er nichts abgewinnen, so trennten sich unsere Wege bald wieder. Trotzdem gab er mir nützliche Tipps übers Campen und Kochen unterwegs. Vielen Dank dafür.
So langsam ging es immer mehr bergauf und der erste Alpenpass stand vor der Tür. Direkt vor dem Anfang der Passstraße konnte ich im Garten eines Gasthofes campieren und wachte am Morgen in einem Nacktschneckennest auf. Überall sind diese kleinen Schleimigen Tiere in der Nacht hingekrochen, sogar in meine Schuhe, was ich am nächsten Abend geschockt feststellte, den ganzen Tag fuhr ich mit einer Nacktschnecke im Schuh durch die Gegend, dies war mit Abstand das ekligste, was ich je erlebt habe.
Nun, am Morgen strampelte ich bei kühlem Nebelwetter den Preiner Gscheid hinauf. Oben hatte schon der Winter einzug gehalten und ich fuhr in Wintersachen mit Handschuhen wieder hinab. Da die Straße nass war, hielt sich der Spaß in Grenzen, da es nicht wirklich schnell voran ging. Der restliche Tag ging durch das Mürztal ins Murrtal. Bis 17:00 Uhr wolkenverhangen ohne wirklicher Sonne, was auch hieß, ich konnte mein Zelt nicht anständig trocknen.
Gegen Abend bekam ich dann wieder das Problem einen Schlafplatz zu finden. Wildcampen war nicht möglich, da quasi alles in Privatbesitz war und/oder einsehbar war. Also blieb mir nichts anderes übrig, als Leute zu fragen, ob ich in deren Garten zelten darf, laut Einheimischen, sei dies bei Bauern in der Regel kein Problem. Kein Problem ist es wohl bei allen anderen. Über zwei Stunden fuhr ich von Tür zu Tür und fragte und niemand wollte sich bereit erklären mir ein Stück des Feldes zur Verfügung zu stellen. Ich habe bei Bauernhöfen nachgefragt. Einmal sogar wurde ich fast angeschrien und beschimpft, ich solle sofort verschwinden, oder Sie werde die Polizei rufen. Ein anderes Mal wurde mir gesagt, ich solle doch lieber Arbeiten gehen, die Jugend von heute sei zu faul und früher wäre sowas undenkbar gewesen, daher möchte sie das auch nicht unterstützen.
Nach 22:00Uhr, es war schon dunkel kam ich zu einem Gasthof, deren Besitzerin sich nach anfänglichem Zögern, doch noch bereit erklärte mich im Garten zelten zu lassen.
Dieser Abend hat mich nachdenklich gemacht. Viele Reisende, von denen ich las oder unterwegs begegne, berichten von wundervollen zuvorkommenden Menschen und tollen Begegnungen.
Mittlerweile bin ich in Klagenfurt und weiß nicht wie es weitergeht. Seit sieben Wochen wo ich nun auf Tour bin, habe ich überhaupt keinen Erfolg bei Couchsurfing und Warmshowers bekomme ich auch nur selten Antwort. Nach den harten Tagen in den Alpen und dem Tag gestern, wo mich Nachmittags ein Wetterumschwung mit heftigem Regen und Gewitter zwang bis Klagenfurt durch zu fahren, brauche ich jetzt eine Pause. Außerdem habe ich von meiner Mutter einen Gutschein für einen Paragleiding Sprung geschenkt bekommen. Wohl oder übel werde ich mir wieder mal ein Hotel nehmen müssen. Außerdem machen meine Bremsen weiterhin Probleme und teilweise laute Geräusche, weshalb ich das wohl wirklich mal zum Kontrollieren in einen Radladen bringen muss. Die in den letzten Tagen immer häufigeren Rückschläge und Probleme nehmen mich momentan ziemlich mit. Das Radfahren ist kein Problem und bereitet mir Freude. Ich freue mich bald das Meer zu sehen und weiter zu planen, dennoch muss sich einiges ändern denke ich. Die häufige Unfreundlichkeit oder Ignoranz der Menschen mir gegenüber und meinem Vorhaben von Leuten unterwegs und die Probleme mit dem Fahrrad setzen mir zu. Ich hoffe bald wird es besser.
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Lieber Tobias, lass dich nicht entmutigen. Die Menschen werden wieder netter. Viele Österreicher können Deutsche nicht leiden. In Italien wirst du mehr Freundlichkeit erfahren, besonders von den Südtirolern. Du hast schon vieles geschafft. Bewahre dir das Gottvertrauen und dein Selbstvertrauen. Herzlichen Gruß aus der Heimat. Karl J. Rieger, pastor