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Turkmenistan I
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Iran – Die letzen Kilometer

„Wer fährt denn freiwillig nach Turkmenistan?“ Ich sitze in Pardis, etwa 30km östlich von Teheran bei meinem Host Pedram. In meinem Pass klebt seit kurzem das lang ersehnte Visum. „Möchtest du es dir nicht nochmal überlegen und hier bleiben?“ Pedram lässt nicht locker. Er kann nicht verstehen, warum jemand freiwillig nach Zentralasien will.
„Naja, es liegt halt auf dem Weg“, sage ich. Es sind ja nur ein paar Tage dort. Ich packe meine Sachen. Am Abend fährt der Bus nach Mashhad, von dort aus wird nach langer Zeit wieder Fahrrad gefahren.
Was liegt nun vor mir und was hinter mir?
Nach einer Odyssee mit der Transsibirischen Eisenbahn durch Russland bin ich irgendwann in Hongkong gelandet und hatte plötzlich ein Visum für China im Pass kleben. Also nichts wie zurück zu meinem Rad. Über Malaysia ging es zurück nach Teheran, etwa eine Woche wohnte ich bei Pedram, wo ich das Visum für Turkmenistan beantragte und nun ist es wirklich soweit. Alle Visen im Pass. Die Welt steht mir quasi bis Singapur offen. Kein Visumstress mehr. Was ein Gefühl!
Mittlerweile ist die nächste Generation an Radfahrern unterwegs und immer mehr kommen im Iran an. Von Jahr zu Jahr werden es mehr und die Leute werden immer schneller. Rekord waren von einem, der in knapp 4 Monaten von Deutschland nach Iran gefahren ist.

Von Mashhad ging es dann mit dem Rad nach Sarakhs, dem Iranischen Grenzort. Nach 5 Monaten Gesamtaufenthalt im Iran, geht mir alles so langsam etwas auf die Nerven. Die Menschen sind super nett, aber vor allem der Verkehr nervt mich total. Bis zur Grenze sind es 180km und die Sonne knallt mit etwa 48° vom Himmel. Dazu macht mir ein konstanter Gegenwind das Leben schwer.

Der erste Tag ist geplagt von Verkehr. Höllischer Verkehr. Ich komme relativ spät los und fahre den ganzen Tag, bis ich abends abseits der Straße auf dem Dach eines kleinen Wasserkontrollhäuschens biwakiere. Auch nachts ist es sehr warm und auf einer Anhöhe zu liegen und die Sterne zu beobachten ist wunderschön.
Am nächsten Tag ging es früh los. Mit Sonnenaufgang saß ich auf dem Rad. Morgens ist es noch angenehm kühl und der Gegenwind hat noch nicht eingesetzt. So mache ich einige flotte Kilometer. Leider gab es auf den nächsten 40km kein Dorf mehr und so war ich mal wieder mit zu knappen Wasserreserven unterwegs. Gen Mittag setzte die Hitze wieder ein und ich begann zu verzweifeln. Kurz vor der Auffahrt zum letzten Pass der bis zur Grenze überwunden werden muss, gab es endlich ein Dorf und eine Tankstelle, wo ich meine Taschen wieder füllen konnte. Das war Rettung in letzter Sekunde. Auf halbem Weg hoch wurde ich noch zum Hähnchen mit Reis eingeladen, dessen Angebot ich gerne annahm.
Den Rest des Tages ging es fast nur noch Bergab. Die Straße (Der Pass lag auf über 1100 Metern, die Grenze auf 200m) und leider auch mit mir selbst. Kopfschmerzen und Übelkeit stellten sich ein. Am Nachmittag legte ich mich in den Schatten vor einem kleinen Laden hin und schlief ein paar Stunden. Ich war sehr erschöpft. Für den Abend fand ich wieder einen wunderschönen Zeltplatz auf einer Wiese zwischen den Dünen in absoluter Stille. Wäre es mir besser gegangen, hätte ich diesen Platz noch mehr genießen können.

Ich kochte mir noch ein paar Nudeln mit ordentlich Salz. Ich nahm an, mir einen Sonnenstich geholt zu haben oder eine Dehydrierung, weil ich am Morgen mit so wenig Wasser unterwegs war. Wobei ich immer zwei Mützen und den Helm trug und der Nacken immer bedeckt war. Das Salz sollte den Salzhaushalt aufbessern.
Die Nacht schlief ich fast gar nicht. Starke Schmerzen plagten mich. Magenkrämpfe und Kopfschmerzen. Immer wieder musste ich raus. Draußen war es wunderschön kühl und die Sterne funkelten am Wolkenlosen Himmel. Kein Geräusch konnte man vernehmen. Es war etwas wie auf einer Mondlandschaft. Einfach wunderschön. Nur leider plagten mich die Schmerzen.
„Vielleicht ist es doch eine Lebensmittelvergiftung“, dachte ich mir. Vielleicht war das Hähnchen vom mittag nicht gut gewesen.
Ich werd es nie herausfinden.
Am nächsten Morgen packte ich ganz langsam mein Zelt zusammen und machte mich auf den Weg. Bis zur Grenze waren es jetzt noch 40km. Ich schlingerte fast, als dass ich gradeaus fuhr. Mir ging es sehr elend. Nach 6km im nächsten Dorf setzte ich mich in den Schatten eines Gebäudes und überlegte wie es weitergehen soll.
Ein Mann kam an und frage was los sei. Ich erzählte ihm alles und er meinte, ich könne so nicht weiterfahren. Er will mir ein Fahrzeug organisieren. In der Grenzstadt gibt es ein Gutes Hotel, dort soll ich mich ausruhen und am nächsten Tag wird alles wieder gut.
Ich willigte ein und zwei Minuten später lud er mein Rad auf die Ladefläche eines kleinen Transporters.
Im Hotel angekommen fiel ich sofort ins Bett und schlief ein paar Stunden, auch diesen Morgen war ich ja wieder mit den ersten Sonnenstrahlen um halb 6 losgefahren. So war es nach ein paar Stunden schlaf Immer noch morgens. Ich hörte Stimmen vor der Tür.
Ein anderer Reisende ist angekommen. Martin, noch ein Radreisender aus Deutschland. Wir haben uns in Teheran schon getroffen und zusammen das Turkmenistanvisum beantragt. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen an der Grenze und planen den Rush zusammen anzugehen.

Der Rush meint die Strecke in Turkmenistan. 500km in 5 Tagen.
Immer noch bei 50° und heftigem Gegenwind.

Wie der Rush Ausging und warum ich über einen Tag in Polizeigewahrsam war, erfahrt Ihr im nächsten Artikel.

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