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Iran III – Durch die Wüste

Teheran, eigentlich wollte ich nicht hier her kommen, so eine riesige Stadt. Gar nicht gemacht für Radfahrer, so besteht sie fast nur aus Autobahnen. Der Verkehr ist eine Katastrophe und die Smogbelastung ist nicht mehr messbar. Dennoch bin ich nun hier. Zum einen, da es zu kalt ist über die Berge weiter zu radeln, andererseits weil ich hier einen neuen Laptop aus Deutschland bekomme. Mein Bus erreicht Teheran abends um 19:00 Uhr. Die Radfahrt zu meiner Hostfamilie war um ehrlich zu sein, eine der Nervenaufreibendsten Kilometer meiner Tour. Schlimmster Verkehr und da die Stadt an Hanglage gebaut wurde auch einige Höhenmeter, die in dem Verkehr zwischen all den Autos nur schwer zu bewältigen sind.
Ich quartiere mich für eine Woche bei einer Familie ein, deren Kontakt ich aus Deutschland vermittelt bekam.
Direkt nördlich der Stadt ragen 5000 meter hohe Berge in den Himmel. Diese Berge sind durch den Smog nicht zu erkennen, obwohl sie nur ein paar Kilometer entfernt sind.

Die nächsten Tage verbringe ich mit neuen Freunden, die ich über Couchsurfing kennen gelernt habe. Azade und Moritz. Zwei Jugendliche aus Teheran, die super Deutsch sprechen können und als Übersetzer arbeiten. Wir schauen uns gemeinsam die Stadt an und laufen auf den Berg Tochal zur Mittelstation der Bergbahn. Teheraner mögen es am Wochenende oder an Feiertagen in die Nahe gelegenen Berge zu fahren um Wandern zu gehen. Entfliehen des Chaos in der Stadt und ein Ort fast ohne Regeln. Viele Mädchen laufen sogar ohne Kopftuch herum. Wo kein Kläger da kein Richtger. Ist ja keine Polizei dort oben. An dem Tag wo wir dort waren, war einer der vielen Iranischen Feiertage. Es sieht so aus, als wäre jede Woche irgendein anderer Feiertag. Immer wenn ein Heiliger aus dem Koran, dessen Eltern, Geschwister oder sonst ein Familienmitglied gestorben oder geboren ist, scheint es hier einen Feiertag zu geben. Dennoch hat fast alles, außer Behörden geöffnet. An unserem Tag war aber ein wichtigerer Tag und alle hatten frei und wenn alle Frei haben natürlich auch alle Mitarbeiter, die am Tochal Komplex arbeiten. Wenn alle Leute frei haben und Geld ausgeben wollen, haben im Freizeitareal alle Restaurants, Attraktionen und die Gondelbahn auf den Gipfel (Inkl. Skigebiet) geschlossen.
So bleibt den Leuten nichts anderes übrig als zu laufen.

Viele Reisende mögen Teheran nicht und bleiben nicht hier. Da alle Internationalen Flüge nur Nachts ankommen, bleiben die meisten Touristen nur die erste halbe Nacht und reisen am nächsten Morgen direkt weiter. Selbstverständlich sind daher die Hostelpreise in der Stadt die teuersten im ganzen Land.
Nach einer sehr schönen Woche (mir gefällt die Stadt wirklich sehr) fahre ich weiter nach Isfahan. Ich nehme wieder den Bus, da es vor allem Nachts immer noch einige Minusgrade hat.
In Isfahan angekommen werde ich direkt von einem Jungen Mann zu seinem Onkel nach Hause eingeladen. Isfahan ist die erste Stadt im Iranischen Kulturdreieck (Isfahan – Yard – Shiraz). Die Orte, die jeder Reisende besucht. (Reisende besuchen eigentlich immer nur diese drei Orte und Teheran.)
Diese drei Städte lasse ich mir daher natürlich auch nicht entgehen. Isfahan ist religiös geprägt, mit vielen Moscheen und beeindruckenden Gebäuden. Vor allem die Brücken über den Zajanderud Fluss sind grade in der Nacht mit allen Lichtern beeindruckend. Leider führt der Fluss den Großteil des Jahres kein Wasser mehr, da Misswirtschaft den Fluss zum Austrocknen gebracht hat.

Von Isfahan geht es dann mit dem Rad weiter nach Yazd, die Oasenstadt in der Wüste. Das heißt, ich muss die Wüste durchqueren. Von Isfahan geht es zuerst in einen keinen Ort namens Varzaneh. Dies ist schon eine kleine Oase, direkt am Rand der Sanddünenwüste. Von dort schaue ich mir den Sonnenuntergang an. Auf dem Weg nach Varzaneh, habe ich zum ersten Mal LKW ziehen gemacht. Fast jeder Radreisende macht es mindestens einmal. Man hält sich mit einer Hand hinten an einem LKW fest und lässt sich ein paar Kilometer ziehen. Wenn der Fahrer freundlich ist, wird er in der Mitte der Straße fahren und nicht ganz schnell Beschleunigen. So fuhren wir mit 70km/h durch die Wüste. Die Straße war schnurgerade und typisch Iranisch gut Asphaltiert. Mein Fahrrad lässt sich auch mit einer Hand noch bei diesem Tempo kontrollieren und fängt nicht an zu schlingern. Ein echter Adrenalinkick.

Am nächsten Tag ging es dann wirklich in die Wüste. Der Hostelbetreiber erzählt mir, dass es eine Herausforderung werden wird. Für etwa 120km wird keine Stadt, kein Dorf oder kleine Siedlung kommen. Nur Sand und trockenes Ödland. Genau bei der Hälfte, nach 60km gibt es eine Verlassene Karawansarai, dort werde ich übernachten. Ich bin nun auf der alten Seidenstraße unterwegs. Zu Karawanenzeiten gab es alle 60km eine Herberge für die Handelsleute. Heute sind die meisten von ihnen verfallen und stehen in der Gegend herum. Der Weg gestaltet sich wirklich als Herausforderung. Die Uhr und die Karte arbeiten gegen mich. Die Straße geht viele Kilometer immer nur gradeaus und es gibt kaum Anhaltspunkte auf die man sich konzentrieren kann. Dazu geht es stetig Bergauf wie mein Höhenmesser anzeigt. Man sieht es aber nicht, da ich mich auf einer endlosen Weite befinde. So fährt man gefühlte Ewigkeiten immer gradeaus, an immer der gleichen Szenerie vorbei und sucht krampfhaft einen Punkt am Horizont. Die Straße wurde irgendwann zur Sandpiste und das Vorwärtskommen wird immer schwieriger.
Gegen Abend grade zum Sonnenuntergang erreiche ich endlich die Karawanserei. Dort im Innenhof stelle ich mein Zelt auf und bemerke, dass ich absolut alleine bin. Ich bin in einer großen Ruine, die in der Dunkelheit gespenstisch ausschaut und es herrscht absolute Stille. Eine wirklich absolute Stille. Keine Autos, keine Menschen, keine Vögel, nichtmal das zirpen von Grillen oder anderen Insekten sind zu hören. Eine gespenstische Stille, die ich glaube ich niemals vorher vernommen hatte. Ich klettere Auf das Dach der Ruine und schaue mir die Gegend an. Es ist gruselig. Ich versuche ein Geräusch zu hören. War dort ein Auto zu hören? Kommt es her? Ich bin in mitten einer riesigen Wüste, ohne Handyempfang alleine. Ein bisschen Ängstlich ziehe ich mich in mein Zelt zurück. So liege ich im Schlafsack, immer noch krampfhaft versuchend ein Geräusch zu hören.
Es klackert. Blitzschnell stehe ich draußen und gucke umher. Ist doch jemand gekommen?
Es schien nur ein Windstoß gewesen sein. Ich lege mich wieder ins Zelt und schlafe schnell ein. 60km nicht sichtbar bergauf strengt doch an. Da ich zwei ganze Tage kein Dorf sehe, musste ich genügend Verpflegung mitnehmen. Vor allem die 10 Liter Wasser machen das Rad nochmal um einiges schwerer.
Am nächsten Tag, ich war grade das Zelt am abbauen höre ich tatsächlich ein Motorengeräusch die Stille zerstören. Ein Auto kommt und hält direkt vor der Ruine. Ich verstecke mich in einem der Ruinenzimmer und nach ein paar Minuten ist der Fahrer wieder gefahren.
„Du bist im Iran, hier hast du noch keine unfreundliche Person kennen gelernt, was soll passieren?“ denke ich mir, dennoch will ich kein Risiko eingehen.
So packe ich alles ein und mache mich auf den Weg. Der Weg wird immer schlechter und ich komme kaum vorwärts. Nach 20km rennt mir auf einmal ein Hund hinterher. Wie ist der denn hierher gekommen? Hier im absoluten Nirgendwo. Er bellt nicht, läuft mir nur hinterher und nach ein paar Minuten haut er wieder ab. So geht es weiter wie am Vortag. Lange endlose Wege gradeaus und absolute Stille. Nur ist es heute Merklich kälter. Gestern war es noch warm und ich konnte in Tshirt fahren, heute ist es kalt und ich muss in Pulli fahren. Es ist Winter, auch in der Wüste. Später am Tag fängt es sogar an zu schneien und später zu regnen. Gepaart mit heftigsten Gegenwind, macht es weiter gar keinen Spaß. Es ist wirklich eine Herausforderung. Physisch und Psychisch. Wobei es eigentlich „nur“ zwei Tage sind. Abends erreiche ich endlich vollkommen fertig Meybod und werde am selben Abend noch zum Übernachten eingeladen. Ich habe die Wüste durchquert. Mein Host kann es gar nicht glauben, dass ich mit dem Rad ganz alleine diesen Weg gefahren bin.

Meybod ist ebenfalls eine alte Wüstenstadt und am nächsten Tag werde ich herumgeführt und wir besuchen die alte Burg der Stadt. Ich lerne viel Über die Architektur in der Wüste und wie die Menschen die extrem heißen Temperaturen früher und heute überleben können.
Die letzten 50km bis Yazd gehen dann an der viel befahrenden Autobahn entlang. Dort quartiere ich mich in einen Hostel ein und verlängere mein Visum. Einen Monat bin ich schon im Iran, wie schnell doch die Zeit vergeht.
Die Verlängerung gestaltet sich völlig unkompliziert. Zettel ausfüllen, Geld bezahlen und ein bisschen Warten. Der Polizist ist super freundlich und spricht gutes Englisch. Er freut sich einen Touristen begrüssen zu dürfen. Ansonsten muss er sich mit illegalen Einwanderern aus Afghanistan herumschlagen. So ist auch sein Umgangston. Er schreit die armen Leute bald an, wenn sie nur sein Büro betreten. Zu mir ist er aber sehr nett und fragt mich viele Dinge über Iran und Deutschland. Nach insgesamt einer Stunde habe ich meine Verlängerung im Pass und darf nun weitere 30 Tage im Land bleiben.
Yazd gefällt mir wirklich gut. Eine tolle sehr alte Wüstenstadt wie aus einem Märchen.
Weiter geht es nach Shiraz, die Stadt der Persischen Kultur und der letzten Stadt im Iranischen Dreieck. Ich nehme wieder den Bus, da die Straße wieder durch die Wüste führt und genau, 120km gradeaus geht ohne nennenswerte Dörfer. Diesmal allerdings an der Autobahn entlang. Weihnachten steht an, da würd ich ungern auf dem Rad sitzen. Ich überlege über Weihnachten zurück nach Teheran zu fahren und dort die Feiertage zu verbringen. Es ist interessant, da im Iran kein Weihnachten gefeiert wird.

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