Am nächsten Tag ging es dann wirklich in die Wüste. Der Hostelbetreiber erzählt mir, dass es eine Herausforderung werden wird. Für etwa 120km wird keine Stadt, kein Dorf oder kleine Siedlung kommen. Nur Sand und trockenes Ödland. Genau bei der Hälfte, nach 60km gibt es eine Verlassene Karawansarai, dort werde ich übernachten. Ich bin nun auf der alten Seidenstraße unterwegs. Zu Karawanenzeiten gab es alle 60km eine Herberge für die Handelsleute. Heute sind die meisten von ihnen verfallen und stehen in der Gegend herum. Der Weg gestaltet sich wirklich als Herausforderung. Die Uhr und die Karte arbeiten gegen mich. Die Straße geht viele Kilometer immer nur gradeaus und es gibt kaum Anhaltspunkte auf die man sich konzentrieren kann. Dazu geht es stetig Bergauf wie mein Höhenmesser anzeigt. Man sieht es aber nicht, da ich mich auf einer endlosen Weite befinde. So fährt man gefühlte Ewigkeiten immer gradeaus, an immer der gleichen Szenerie vorbei und sucht krampfhaft einen Punkt am Horizont. Die Straße wurde irgendwann zur Sandpiste und das Vorwärtskommen wird immer schwieriger.
Gegen Abend grade zum Sonnenuntergang erreiche ich endlich die Karawanserei. Dort im Innenhof stelle ich mein Zelt auf und bemerke, dass ich absolut alleine bin. Ich bin in einer großen Ruine, die in der Dunkelheit gespenstisch ausschaut und es herrscht absolute Stille. Eine wirklich absolute Stille. Keine Autos, keine Menschen, keine Vögel, nichtmal das zirpen von Grillen oder anderen Insekten sind zu hören. Eine gespenstische Stille, die ich glaube ich niemals vorher vernommen hatte. Ich klettere Auf das Dach der Ruine und schaue mir die Gegend an. Es ist gruselig. Ich versuche ein Geräusch zu hören. War dort ein Auto zu hören? Kommt es her? Ich bin in mitten einer riesigen Wüste, ohne Handyempfang alleine. Ein bisschen Ängstlich ziehe ich mich in mein Zelt zurück. So liege ich im Schlafsack, immer noch krampfhaft versuchend ein Geräusch zu hören.
Es klackert. Blitzschnell stehe ich draußen und gucke umher. Ist doch jemand gekommen?
Es schien nur ein Windstoß gewesen sein. Ich lege mich wieder ins Zelt und schlafe schnell ein. 60km nicht sichtbar bergauf strengt doch an. Da ich zwei ganze Tage kein Dorf sehe, musste ich genügend Verpflegung mitnehmen. Vor allem die 10 Liter Wasser machen das Rad nochmal um einiges schwerer.
Am nächsten Tag, ich war grade das Zelt am abbauen höre ich tatsächlich ein Motorengeräusch die Stille zerstören. Ein Auto kommt und hält direkt vor der Ruine. Ich verstecke mich in einem der Ruinenzimmer und nach ein paar Minuten ist der Fahrer wieder gefahren.
„Du bist im Iran, hier hast du noch keine unfreundliche Person kennen gelernt, was soll passieren?“ denke ich mir, dennoch will ich kein Risiko eingehen.
So packe ich alles ein und mache mich auf den Weg. Der Weg wird immer schlechter und ich komme kaum vorwärts. Nach 20km rennt mir auf einmal ein Hund hinterher. Wie ist der denn hierher gekommen? Hier im absoluten Nirgendwo. Er bellt nicht, läuft mir nur hinterher und nach ein paar Minuten haut er wieder ab. So geht es weiter wie am Vortag. Lange endlose Wege gradeaus und absolute Stille. Nur ist es heute Merklich kälter. Gestern war es noch warm und ich konnte in Tshirt fahren, heute ist es kalt und ich muss in Pulli fahren. Es ist Winter, auch in der Wüste. Später am Tag fängt es sogar an zu schneien und später zu regnen. Gepaart mit heftigsten Gegenwind, macht es weiter gar keinen Spaß. Es ist wirklich eine Herausforderung. Physisch und Psychisch. Wobei es eigentlich „nur“ zwei Tage sind. Abends erreiche ich endlich vollkommen fertig Meybod und werde am selben Abend noch zum Übernachten eingeladen. Ich habe die Wüste durchquert. Mein Host kann es gar nicht glauben, dass ich mit dem Rad ganz alleine diesen Weg gefahren bin.